Am 14. Juni 1881 wurde ich zu Uichteritz bei Weissenfels (Provinz Sachsen) als jüngste
Tochter des dortigen Pastors August Winkler und seiner Ehefrau Marie geb. Gerlach geboren. Da
mein Vater noch in dem gleichen Jahre als Superintendent nach Mühlhausen i. Th. berufen
wurde, so ist meine Kindheit von Anfang an bestimmt durch das unvergeßliche, schöne
Leben in der alten Mühlhäuser Superintendentur. Das Große, worin mein Leben
wurzelt, war die Heimat des Vaterhause, mit dem unvergleichlichen Reichtum von Eltern- und
Geschwisterliebe, die wie Gottes Sonnenschein über meinen 12 Kinderjahren leuchteten.
Und wie groß sie war, merkten wir, als uns die Mutter i. .J. 1885 und der Vater 1892
genommen wurden. Wir nahmen als Erbe beim Auflösen des Haushaltes das zum Teil
unbewußte Verlangen mit, Gott zu dienen.
Im Oktober 1892 kam ich mit meiner Schwester zusammen nach Cracau zum Superintendent Pfeiffer,
meinem Onkel, von wo aus ich die höhere Töchterschu1e (Augusta-Schu1e) in Magdeburg
über die Konfirmationszeit (März 96) hinaus bis Ostern 97 besuchte.
Die 2 nächsten Jahre (bis Ostern 99) war ich in Pension im Kloster Marienberg bei Helmstedt
und verlebte dort eine Zeit voll konzentrierter Pflichterfüllung und wachsender Liebe zur
Hl. Schrift, eine Zeit, der ich sehr viel verdanke. - Nach kurzer Pause siedelte ich in das
Pfarrhaus Goecke nach Dellwig im Rheinland über, um dort für- 2 weitere Jahre (99 - 1901)
zu lernen und zu helfen, oft auch in schwerer Zeit.
Von dort aus kam ich zum ersten Male ins Barmer Missionshaus, an das mich schon persönliche
Beziehungen knüpften. Schon im Herbst 1893 war meine älteste Schwester nach Sumatra
ausgefahren und 1901 nahm mein Bruder von dort Abschied, um gleichfalls in Sumatra als Arzt
in den Missionsdienst zu treten. Eben damals wurde in mir die Sehnsucht geweckt, als
Diakonisse den gleichen Weg zu gehen.
Dies Sehnen soll nun in Erfüllung gehen, wenn auch in anderer Weise, als ich dachte.
Im Oktober 1902 nämlich verlobte ich mich, nachdem ich 1 1/2 Jahre
bei Geschwistern und Verwandten ausgeholfen hatte, mit Missionar Eduard Fries, der 1903 nach
Nias ausgesandt worden ist. Durch ihn fand ich auch in den Franckeschen Stiftungen zu Halle
bei den Eltern meines Bräutigams meine zweite Heimat, und das letzte Jahr hat
natürlich dazu gedient, mich für den Missionsberuf vorzubereiten, wobei der
1/4 - jährige Krankenhauskursus in Essen besondere Erwähnung
verdient.
Das Innerste ist bei alledem nicht gesagt und kann unausgesprochen bleiben. Mein Glück
soll es sein, Gott zu dienen in dankbarer Kindesliebe an dem Platz, wohin Er mich stellt.
Barmen, 1. Oct. 1904