Die Erweckungsbewegung in Nias.

I. Was ist geschehen?
 

Im Jahre 1915 feierten wir das 50-jährige Jubiläum der Niasseschen Mission. Der Krieg hatte schon angefangen. Monatelang hörten wir nichts mehr aus der Heimat. Kein Mensch dachte an unser Jubiläum, auch die Brüder auf Sumatra kümmerten sich nicht um uns. Wir hätten Grund genug gehabt, die Erfolge in den 50 Jahren Missionstätigkeit auf Nils zu registrieren und uns zu freuen. Ziemlich fruchtlos waren zwar die ersten 25 Jahre (1865-1890), da sich die Missionsarbeit auf die Ostküste beschränkt hatte. Erst im Jahre 1891 durch die persönliche Aktivität eines neu eintreten- den Missionare Lett hat die Mission ein neues Gepräge bekommen. Der Mann hatte den Mut gehabt, zu sagen: "Das geht nicht so weiter. Wir dürfen nicht nur bei der Regierung bleiben." Man hatte sich schon einmal bis Süd-Nias hineingewagt, in eine durch Zucht und Sitte abgegrenzte Landschaft. (1883-1886) Zwei Missionare hatten sich dort niedergelassen, aber ohne bleibende Wirkung. Sie hinterliessen zwei zerstörte Missionsstationen und eine Glocke, die die Nasser stahlen. Sie wurde 1910 wiedergefunden, so tut sie ihren Dienst wieder in der christlichen Gemeinde. In der Periode nach 1883 bis 1886 ist alles auf den bisherigen 8 Stand zurückgegangen. Erst dieser Lett wagte den Sprung auf die Westküste. Als dieser Posten besetzt war, kam der Vormarsch ganz militärisch, fern im Osten und Westen der Küste entlang, das Mitteldings blieb noch vollständig ausser Betracht.

 

1905-1910 haben allerlei Wandlungen stattgefunden. Der eine Umstand war das Vordringen der holländischen Regierung; der neue Generalgouverneur (lange wollte in China gewesen) wollte endlich damit aufräumen, dass es noch Niasser gebe, die keine Abgaben entrichteten. 1906 wurde zum Teil unter kriegerischen Massnahmen ganz Süd-Nias besetzt, der Aufstand der Niasser unterdrückt und alle entwaffnet. 1910 wurde ganz Nias dem Verkehr geöffnet, Wege angelegt. Die Kultur drang ein und gerade soviel, dass wir nur die Vorteile davon verspürten. Nias ist nicht sehr ertragreich; Kokosnüsse, getrocknete Koma sind die einzige Ausfuhr. Es gibt keine Plantagen und Kulturwirtschaft. 1908-1910 herrschten neue Epidemien, zuerst die Pocken; schwere Malariaepidemie und Dysenterie folgten. Viele Dörfer sind vollständig ausgestorben. Es war grosse, schwere Notzeit und tiefe Furchen wurden hindurchgezogen durch die heidnische Umgebung. 1910 konnten wir zurückblickend sagen, die Arbeit in den zweiten 25 Jahren sei nicht vergeblich gewesen. Und. manche Episode war hochinteressant für Nias. Wir zählten 1915 13 Missionsstationen, besetzt durch 15 Missionare, 18 000 Christen, dazu 3000 Taufbewerber, 137 Volksschulen, die bedient wurden von 240 Lehrern, von denen 65 das 1. Staatsexamen auf dem Seminar vor dem Kommissar bestanden hatten. Auch die Südarbeit ist 1910 wieder eröffnet worden, und man konnte von 1915 sagen, wenn es gelingt, die beiden Südstationen mit der Mitte zu verbinden, wenn es gelingt, im Norden den Ring zu schliessen, dann ist die Zeit nicht mehr fern, wo man sagen kann, die ganze Insel kommt wirklich unter den Schall des Evangeliums.

Ich will vergleichen, was die letzte Statistik uns lehrt. Die Zahl der Stationen ist nicht gewachsen, sondern verringert. Die Zahl der Missionare von 15 auf 12 zurückgegangen. Neue Kräfte konnten nicht nachgeschickt werden. Die Zahl der inländischen Schulen ist auf 142, die Schar der Lehrer auf 275 gewachsen, die Zahl der vollgeprüften Lehrer auch nur 65 geblieben. Aber die Zahl der Christen ist im Laufe der 5 Jahre auf 40 000 gewachsen. Die Zahl der Taufbewerber von A 3 000 auf 30 000, und dabei sind ganz neue Faktoren von Helfern in die Arbeit eingetreten, vor allem die 51 Evangelisten, die selber Missionsdienst innerhalb der alten Gemeinde tun. Wenn wir alles menschlich rechnen, was erreicht ist, so kännen wir sagen, dass die ganze Insel christianisiert ist, ohne dass die Zahl der Missionare vermehrt wurde.

Dazu noch die 8 eingeborenen Pastoren und die vielen, die im Dienst stehen und mit Hand anlegen. Wenn wir diese nüchternen Zahlen vergleichen, so ist die Ernte unverständlich, und wir müssen sagen, hier muss etwas ganz Besonderes geschehen sein, und tatsächlich ist es so. Ein solches Wachstum ist undenkbar, wenn nicht das geschehen ist, was geschehen ist: eine grosse, grosse Erweckung, weder von uns gemacht, noch vorausgesagt, noch ausgedacht, noch ausgeklügelt, einfach geworden. Und wir alle miteinander waren dadurch überrascht. Damals als wir 1915 zum Jubiläum zusammensassen und alle Nasser vor uns versammelt hatten, haben wir uns mit allen gebeugt und gedemütigt und durch die Pastoren sagen lassen, woran es unserer Niasser Kirche fehlte. Und das war viel. Es wurden 4 Referate gehört von ihrer, eigenen Landsleuten und wurde ihnen darin auseinandergesetzt, es fehle durchaus an tiefer Gottesfurcht. Und das andere, es fehle durchaus an der Liebe zur Wahrheit und damit zusammenhängend eine selbständige Überzeugung. Es fehlte an dem, was gewöhnlich im neuen Testament mit "ewig" bezeichnet wird, an dem wahrhaftigen Glauben. Und es fehlte endlich an tatkräftiger Liebe. Nicht wahr, hier zeigen sich wichtige Dinge, und wenn man von einer Gemeinde sagen muss, an diesen vier Dingen fehlt es noch sehr, so war die Stimmung nicht so, dass wir hätten sagen können: Wie herrlich weit haben wir's gebracht. Wir haben alle miteinander unter diesem Eindruck gestanden, vor allem unter dem, dass die ganze Entwicklung bis 1915 ja eine christliche Gemeinde herbeigeführt hatte, aber doch nicht die Umwandlung, um die es uns im letzten Grunde zu tun sein muss; dass die bis dahingehende Entwicklung gesetzliches Gepräge trug, und das Verständnis für Sünde und Gnade noch viel zu wünschen übrig liess. Das bewog uns dazu, dass wir den Leuten sagten, es muss einmal etwas Gründliches geschehen. Ihr seid schon Christen bis in die 2. Generation. Die Sitten, aus denen sich eure Väter haben herausarbeiten müssen, die kennt ihr gar nicht mehr, ihr seid in die christliche Gemeinde hineingeboren. Was eure Väter aufgegeben haben, liegt unter euren Füssen. Darum vielleicht wisst ihr selber noch nicht, was Christliche Erziehung ist.

Dass eine Erweckung kommen konnte, kam uns nicht in den Sinn. Nichts war, was diese Richtung wies. Gott hatte dann besser gemeint. Er hat dann unser Sehnen in einer Weise erhört, dass wir nun aus dem Staunen gar nicht herausgekommen sind. Er hat wohl gewusst, dass die Niassesche Kirche 1916 islamitische Propaganda nicht hätte ertragen können und hat es auf ganz andere Weise fertig gebracht, dass eine ganz neue Gemeinde geschaffen wurde und man sagen kann, hier sind wahrhaft apostolische Züge.

 

Nun fragen sie mich, wie ist das alles gekommen? Das muss seine Ursache gehabt haben. Wir kommen auf keine andere Ursache als auf den lebendigen Gott und auf das Wunder, das er noch heute zu tun willens und fähig ist durch seinen Geist. Es war so, als wollte er uns sagen: "Nun geht mal alle beiseite. Was ihr gemacht habt, mag gut und schön gewesen sein, was ihr fleißig erarbeitet habt, man kann nichts daran aussetzen. Ich will etwas ausrichten, ich ganz allein. Ich habe euch gar nicht nötig."

Das geht ohne Demütigung nicht ab. Wir haben nichts getan. Sicher, wenn man erzählt bis auf den ersten Anfang, dass ein erster Hilfslehrer zuerst ergriffen wurde, dass er von Kindesbeinen an die 10 Gebote gelernt und den anderen weiter gegeben hatte und dass er doch eigentlich die Gebote übertreten hatte und vor die Tatsache kam, was nützt mir Gottes Gebot, wenn ich's anderen sage und selbst übertrete. Dann nützt mir ja alles nichts. Das Gesetz verurteilt mich ja. Davon überführen kann eben nur Gottes Geist. Er tat es, bei diesem Mann beginnend, dann im weiteren Verlauf in so überwältigender Weise und ohne unser Zutun, dass wir eben diese Tatsache begreifen lernen mussten. Wir haben auch viel gelernt in den 5 Jahren. Gott schüttelt die Menschen durcheinander. Das ging nicht wie ansteckende Krankheiten. Das ging nicht bloss durch Weitergabe durch Verwandte, fing hier an und an einer ganz anderen Ecke ohne jegliche Verbindung. Woher kommt denn das? Kein Mensch konnte antworten so und so, das sind die Vorbedingungen. Es war nichts zu kopieren. Wir haben versucht, etwas nachzumachen, es ist nicht gelungen. Was geschah denn? Die Nasser, sie merkten auf einmal, dass sie ein Gewissen hatten. Das haben sie vorher nicht gewusst. Diese Entdeckung war so neu und so überwältigend, das griff so in ihr ganzes Wesen ein, physisch, psychisch und pneumatisch, dass der ganze Mensch überhaupt ausser Rand und Band kam. Wenn wir die Leute sahen, dann sahen wir ihnen auf 100 Schritt an, die hat es gepackt. Die Leute wissen alles, was dahinten liegt, hatten nichts zu tun als zu sagen, es ist wahrhaftig der lebendige Gott. Du musst mit ihm ins Reine kommen. Ob ich alles opfere, es hat damit nichts zu tun, ich muss es tun. Sie haben versucht, wegzulaufen. Es ging nicht, weil sie nicht mehr konnten. Die ganze Schuld ihres Lebens von Kindheit an trat vor ihr Gewissen, alles, was sie nur als Sünde erkannt hatten, das kam alles wie eine ganz gewaltige lacht über die Menschen. Sie konnten sich einfach nicht bezwingen. Sie wurden krank, physisch krank. Sie wurden, wenn sie das Gleichgewicht der Seele nicht wiederkannten, von Sinnen, sei es, dass sie in Ekstase gerieten, was vorkam, sei es, dass sie in eine Verzweiflung hineingerieten infolge des Stürmers in ihrem Gewissen, eine Verzweiflung so fürchterlich wie sie in Deutschland nie mehr vorgekommen ist. Ich habe Leute in meiner Stube liegen gehabt, die waren total verrückt, weil ihre physische Erregung so gross war, dass sie ihrer einfach nicht mehr Herr waren. In einzelnen Fällen haben sie geradezu getobt. Bei den meisten ging's so, dass sie aus der Verzweiflung herauskamen, wenn sie nur den Mut fanden, der Wahrheit auch wirklich die Ehre zu geben. Sie waren erst Hunderte, dann Tausende; es kamen Christen der alten Gemeinde, die Heiden kamen in Scharen, man sah sie schon von weitem. Wir haben die merkwürdige Tatsache damals erlebt, dass der Mut zum Bekenntnis der Wahrheit und zum Bekennen der Lebensschuld, sei sie gross oder klein gewesen, längst nicht von allen gefunden wurde, am meisten nicht gefunden wurde von denen, die in der alten christlichen Gemeinde etwas galten, z.B. die Ältesten, weil sie Häuptlinge waren. Die allermeisten von ihnen blieben einfach zurück, es hat gar keinen Eindruck auf sie gemacht. Sie Lehrerschaft hat total versagt. Warum? Begreiflicher Weise war es für einen Lehrer in Amt und Würde schwer zu sagen, mir drückt es das Herz ab, es bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss sagen, sonst gehe ich verloren. Das war nicht Gedankenarbeit, das war eine gewaltige Macht, die die Menschen ergriff. Wenn sie nicht herauskamen, machten sie ihrem leben ein Ende. Das war keine Schwärmerei. Ich habe einer Lehrer gehabt, einen netten Menschen, er war vorher traurig. Ich sagte zu ihm: "Nun gewinne etwas Vertrauen, sage, was dir fehlt." 4 Wochen später merkt er, ich muss etwas sagen, aber da werde ich aus Amt und Würde gewiesen. Eines Sonntags schickt er seine Leute in die Kirche hinein. Während des Gottesdienstes hat er sich aufgehängt. 20 Menschen taten dasselbe, die keinen Ausweg fanden. Das sind nicht die normalen Fälle, aber kräftige Beweise, wie gewaltig eine Macht von oben in ihr leben eingriff. Das haben wir ja immer geglaubt, dass ein lebendiger Gott ist; dass er auf einmal so mit uns redet, nicht nur durch das geschriebene Recht, sondern hier drin im Herzen, das ahnten wir nicht. Wenn wir fortlaufen, läuft es mit uns mit. Se sagt uns immer, dies und das hast du getan. Wir haben im Jahre 1911 mit viel Mühe und Überlegung eine Gemeindeordnung für die Gemeinde aufgestellt, darunter, mit vielem Fleiß ausgearbeitet 'auch eine Gemeindezuchtordnung'. Wir würden sie heute vielleicht nicht ändern, wenn wir sie noch als Macht brauchen müssten. Als 1916 die Erweckung erfolgte, konnten wir diese nicht mehr gebrauchen. Hätten wir darnach gehandelt, es wäre vielleicht keiner in der Gemeinde geblieben. Was da an Sünde herausgekommen ist, in der Gemeinde und Lehrerschaft, das spottet jeder Beschreibung! Wieder äusserst demütigend für uns. Das haben wir nun& dabei herausgekriegt, bei der Arbeit von 50 Jahren, dass wir den Leuten nicht ins Herz sehen konnten, dass sie kein Vertrauen zu uns hatten, zu sagen, so und so steht es mit mir. Die grosse Gefahr einer äusserlichen Mission ist uns deutlich geworden, wobei nichts anderes herauskommt als Gesetzlichkeit mit entsprechender Verlogenheit, vor allem auf sittlichem Gebiet. Glauben sie mir, dass das furchtbar niederdrückend für uns war. Das war nun das Resultat: Und dennoch mussten wir auch die Gemeindeordnung und Zucht beiseite legen, weil sie uns nichts nützen konnte. Gerade unter diesen gewaltigen Erschütterungen schuf Gottes Geist ein völlig Neues, und wir konnten getrost alle Ordnung entbehren und konnten uns zu eigener Demütigung nebenanstellen: So, nun handle du ganz allein! Und dann blieb uns nichts weiter übrig, als nur zu beobachten, wie Gott, der Herr anfing, auf seine Weise mit den Menschen zu reden, mit jedem einzelnen verschieden zu handeln. Das gab mir Gott, wenn ich zurückblickend auf meine Missionszeit etwas sagen soll. Wir können nichts weiter tun, als die Augen und Ohren aufmachen und lauschen. Der Herr macht ja selber alles. Sorge du dafür, dass du ihm nicht in die Quere kommst und ihm kein Hindernis wirst. Es ist nicht viel, was da für uns übrigbleibt. Wo ist denn unser Ruhm?

Das war nun erst die negative Seite der Sache. Damit ist aber der Prozess der Wiedergeburt nur zur Hälfte ausgesprochen. Dass der alte Mensch nichts taugt und dass man durch das tiefste Selbstgericht hindurch muss, ist nur das eine. Es wurde ihnen an und für sich eine sehr positive Tatsache klar, dass ihr Gewissen geweckt und der Begriff der Sünde klar wurde, dass sie hinein in die Freimütigkeit gedrängt wurden, zu bekennen, dass ihnen durch die furchtbaren Erschütterungen ein Gewissen geboren wurde. Da wurde auch nicht der kleinste Nagel vergessen, den der Niasser vor 12 Jahren gestohlen hatte; da kamen Niasser 14 Stunden Weges zu mir: "Wir haben ein Mass Reis geliehen und nicht wieder gegeben." Da kamen sie auf den chinesischen Markt, auf den Malaiischen Tag für Tag gelaufen und brachten vor 20 Jahren gestohlenes Gut wieder, dass die Chinesen und Malaien sagten: "Ihr seid wohl verrückt geworden. Wir wissen ja gar nichts davon. Und nun bringt ihr uns alles wieder." Erst machten sie sich selbstverständlich lustig. "Irgendetwas ist nicht in Ordnung. Hier ist eine Schraube los." Als das aber Monat für Monat nicht anders wurde, da sagten die Malaien und Chinesen: "Wenn das so ist, dann muss dort wirklich ein Kraft sein, von der wir keine Ahnung haben. Wenn so die Menschen beeinflusst werden können von dem, den man nicht sehen und greifen kann, ohne Einfluss der äusseren Gewalt und Regierung, dass ihnen nichts übrigbleibt, als diese Vergehen bis auf den letzten Rest gutzumachen, dann ist's doch etwas mit dem Christentum, von dem wir nichts wissen." Dann fingen die Mohammedaner in und knüpften Unterhaltungen an, dann kamen die ersten Chinesen und liessen sich dazu bringen, dass sie sich für die christliche Gemeinde meldeten, mehrere sind bereits getauft.

Der neue Mensch wurde auf einmal geboren, den kann man ja nicht machen, den kann man nicht durch Unterricht gestalten, den kann nur Gott umschaffen. Und das tat er bei allen denen, die solchen Mut zum freimütigen Bekenntnis fanden, so dass wir einfach erstaunt gewesen sind. So haben wir's nicht für möglich gehalten. Hier haben wir jetzt Menschen, die wussten was sie sollen, die auf einmal begriffen, was Gnade ist. Sie hatten in sich selber das höchste Erlebnis gehabt, dass ein Berg von Schuld einfach vergeben wird, weil ein anderer Weg nicht existiert, sie wegzubringen. Aus dieser Vergebung heraus erwuchs eine ganz neue Gattung von Menschen, die wir nach Jahren gar nicht wiedererkannten, so waren sie verwandelt. Können Sie sich denken, dass, wenn ich morgens um 6 Uhr aufstand, der ganze Hof voll Menschen stand und abends stand immer noch alles voll. Um 12 Uhr nachts wurde ich herausgeklopft: "Ich kann bis morgen früh nicht mehr warten. Jetzt muss ich mich aussprechen." Was da für Nachtgespräche geführt worden sind: Was da unter vier Augen ausgepackt worden ist! Erschütternde Dinge, die Gott nur weise und die beiden, die dabei waren. Da war der Missionar zum Seelsorger geworden, der er hatte sein sollen. Hineingeworfen wurde er, überstülpt von Aufgaben rein physischer Natur. Wir sind einfach krank gewesen. Es ist monatelang hindurch so gegangen. Alle andere Arbeit wurde liegengelassen. Von morgens bis mittags hatten wir nichts als anderer Bekenntnisse anzuhören. Dann die unendlichen Fragen, die durch diese Bekenntnisse aufgerollt wurden, die der taktvollsten Behandlung bedurften. Wenn sie kamen, sie hätten ihren Vater erdrosselt; wenn junge Leute sagten, was sie verbrochen, wieviel Blut an ihren Händen klebte; wie nun diesen Menschen weiterhelfen, dass sie auch mit ihren Mitmenschen, an denen sie solche Verbrechen begangen hatten, zusammenkamen? Auch davon könnte ich erzählen, dass wir manchmal den Kopf in die Hände gestützt hatten: Was machst du jetzt? Dann, dass wir diese seelische Last, all diese Bekenntnisse bewahren müssen in unserem Herzen und nicht weitergeben können: Und doch dann genötigt zu sein, etwas zu sagen: "Das musst du offenbaren, geh hinein, sag es den anderen:" Und trotz dieser schweren Arbeit zugleich der tiefgegründete Friede, wenn solche Menschen dann anfingen, das Neue zu fassen, wie sie auf einmal einer grossen Last entledigt, gewöhnlich wie neugeboren waren. Wie ging das alles weiter? Wenn ich Ihnen sage, dass in den Jahren 1916-1919 jeder Niasser mitten auf der Dorfstrasse wochenlang seine Kokosnüsse liegen lassen konnte und dass sie kein Mensch stahl. Vergleichen Siels, wie's bei uns aussieht i Die holländischen Gerichtsbeamten sagten in diesen Wochen: Wir haben ja nichts mehr zu tun, es prozessiert keiner mehr. Die Menschen machen alles unter sich ab. Oder, wenn ich Ihnen sage, dass die Gotteshäuser so überfüllt waren mit Menschen, dass kein Platz mehr geschaffen wurde. Sie kamen nicht nur Sonntags, wozu man sie vorher hatte drängen müssen. Jetzt zur Erntezeit waren alle Räume überfüllt. Auf einmal hatten alle Zeit, alle Hunger nach Gottes Wort. Sie sassen vor einem zu Hunderten, mucksmäuschenstill, kein Laut, und sie zogen einem das Wort von den Lippen. Voriges Jahr noch ist der Ephorus B. 4 Tage auf Nias gewesen. Es war gerade Karfreitag und Ostern. Er kam in den Gottesdienst, er verstand kein Wort von der Niassischen Sprache. "Es ist einfach fabelhaft, ich habe nichts verstanden, ich habe nur gesehen und mich innerlich tief erbaut an den Gesichtern, vor allem der Frauen. Wie haben sie gelauscht und gehorcht, dass kein Wort verloren ging." Es ging so weiter, es war kein Strohfeuer. Wir stehen im fünften Jahre, und stehen noch mitten drin. Mit dem Hunger nach Gottes Wort verband. sich eine erstaunliche Vermehrung der Erkenntnis. Hier ist einfach die Verheissung erfüllt; "Sie werden alle von Gott gelehrt sein." Es gab Menschen, mit denen man über die schwierigsten Stücke der Politischen MM Briefe reden konnte. Sie verstanden alles, was sie sagten. Hätte je 1914 jemand vom Abendmahl X M etwas schreiben können? 1917 war es notwendig, dass geschrieben wurde. Jetzt war ich gezwungen, eine Erklärung vom Galaterbrief auf Niassisch zu schreiben (1918). Ein Missionar bei den Malaien konnte es nicht fassen. Wir schrieben ihm, komm und sieh: Und wenn du hergekommen bist und gesehen hast, was hier geschehen ist, dann wirst du sehen, dass die Leute einen Begriff von Sünde und Gnade haben. Das ist geschehen. Ich kann nicht sagen, wie das geschehen ist. Missionar K. kam selbst und war erstaunt darüber. Neue Lieder hatten sie sich ausgedacht. Alles sang sie sofort nach, Lieder von solcher Bedeutung, dass wir sie in das Gesangbuch aufnahmen.

 

Den Niassern sind die Augen aufgegangen und sie haben gelernt, die Zeichen dieser Zeit zu deuten, sie, die früher nicht einmal ein Wort für Zeit hatten, ja, die auch nicht einmal ausrechnen konnten, wie alt sie seien, und auch nicht wussten, wann ihre Kinder geboren waren: Die einzigen Anhaltspunkte für zeitliche Berechnungen waren die von ungewöhnlichen Naturereignissen, z.B.: als das letzte grosse Erdbeben war, da war ich 2 Jahre alt.

Von da wurde weiter gerechnet. jetzt ist das Erdbeben in Vergessenheit geraten und die christlicher., die Mohammedanischen Nasser, die Chinesen (150 000; sagen: "Mein Kind ist geboren ein Jahr nach der Niassischen Erweckung," d.h. die Bedeutung, die vorher ein Erdbeben hatte, wo ganze Landteile ins Meer versanken, andere emporgehoben wurden, dieselbe Bedeutung rechnen sie jetzt diesem grossen Erleben zu, das für sie ein ganz grosses Geschehen war. Die anderen, die nichts damit zu tun hatten, sie fügten sich einfach darunter. Kein anderes Erleben kam dem gleich. So hat Gott sichtlich hier gewirkt.